Ab Mitte des Monats, voraussichtlich ab dem 16. Mai, rollt der Ball wieder in der Fußball-Bundesliga - natürlich unter strengen Auflagen und ohne Live-Publikum. Dennoch hat diese Entscheidung bei vielen Menschen Unverständnis ausgelöst. Das ist durchaus nachvollziehbar. Leichtgemacht haben die Landesregierungen und die Bundesregierung sich diesen Schritt jedoch keineswegs.

Zwar haben viele Bürgerinnen und Bürger sehnlich darauf gewartet haben, dass „Ihr“ Team endlich wieder im Wettbewerb antreten kann und dass mit dem Livesport-Erlebnis ein Stück „Normalität“ zurückkehrt, dennoch war dieses Bedürfnis für uns als Politik nicht handlungsleitend. Auch die enormen wirtschaftlichen Auswirkungen eines kompletten Abbruchs der Saison war für unsere Abwägung keinesfalls entscheidend.

Allein ausschlaggebend war die Tatsache, dass unter dem strengen Sicherheitskonzept, welches durch die Deutsche Fußball Liga (DFL) in enger Zusammenarbeit und Abstimmung mit den Behörden erarbeitet wurde, eine Fortsetzung des Spielbetriebs unter strengen Auflagen medizinisch und epidemiologisch verantwortbar ist.

Es handelt sich auch hier nicht um eine „Lex Fußball“, da die Vorgaben grundsätzlich für alle Bereiche des Profisportes gleichermaßen gelten. Einige Sportarten haben sich für die Aussetzung oder den Abbruch ihrer Wettbewerbe entschieden, weil die Konzepte zur Fortsetzung für sie – auch aus wirtschaftlicher Sicht – nicht tragfähig erschienen. Unsere Anstrengung zielen darauf ab, diesen Profisportvereinen unabhängig von der Sportart ein Sicherheitsnetz zu bieten, das ihr wirtschaftliches Überleben in der Krise sichert. Denjenigen Sportarten aber, die sich für eine Fortsetzung unter medizinischen Auflagen entscheiden, wollen wir diese Fortsetzung ermöglichen, wenn die Gesundheit der Beteiligten gesichert werden kann.

Wir sind überzeugt, dass dies mit dem vorliegenden Konzept gelingen kann. So wird neben dem selbstverständlichen Ausschluss von Zuschauern im Stadion auch der sonstige Betrieb um die Spiele herum drastisch eingeschränkt. Durch diese begrenzenden Maßnahmen wird es erreicht, dass sich insgesamt weniger als 300 Personen im gesamten Bereich des Stadions aufhalten. Da dieser Bereich zum Beispiel in der Frankfurter Commerzbank-Arena rund 138.000 m² Bruttogeschossfläche umfasst, können so – mit Ausnahme des Spielfeldes während der 90 Minuten – die allgemeinen Abstands- und Hygieneregeln im Umfeld problemlos eingehalten werden. Deren Einhaltung wird dabei streng überwacht.

Durch enge und regelmäßige Testungen, eine Vorlaufphase, in der die Teams von externen Einflüssen abgeschirmt sind und eine darauffolgende Quasi-Quarantäne des Spieler- und Betreuerteams kann verlässlich sichergestellt werden, dass kein Viruseintrag auf das Spielfeld erfolgt. Sollte hier trotzdem ein positiver Befund vorliegen, werden selbstverständlich entsprechend der Vorgaben des Robert-Koch-Instituts nötige Isolationen von Betroffenen und Kontaktpersonen vorzunehmen sein; hier gibt es für die Profis keinen Rabatt bei der Sicherheit.

Der Spitzensport muss sich dabei in allen wesentlichen Punkten an die allgemeinen Regelungen – Abstand, Hygiene etc. – halten, die in anderen Wirtschaftsbereichen auch gelten. Denn auch wenn die im Profisport erwirtschafteten Umsätze, die mit ihm verbundene Wertschöpfung und die daran hängenden Arbeitsplätze kein Grund für ein unverantwortbares Risiko für Menschenleben sein können, müssen wir anerkennen, dass auch der Profisport als Wirtschaftszweig wie andere Bereiche unter zum Teil existenziellem wirtschaftlichem Druck steht. Auch die über einhunderttausend im Sport und im Umfeld der Profivereine Beschäftigten – vom Ordner bis zum Profi – und deren Familien haben den Anspruch darauf, ihrer beruflichen Tätigkeit wieder nachgehen zu dürfen. Deshalb muss gelten: So wie der Profisport keine Sonderbehandlung im Positiven erhält, dürfen wir ihm auch im Negativen keine Sonderbehandlung zumuten. Dabei gilt in allen Bereichen: Erlaubt ist, was nicht aus gesundheitlichen Gründen untersagt werden muss.

Der Verweis auf andere Länder in Europa dient uns nur bedingt als Richtschnur. Wir haben in Deutschland ein ganz anderes Infektionsgeschehen, als unsere Nachbarn zum Beispiel in Italien und in Spanien, die ungleich schwerer von der Pandemie getroffen wurden. Zum Glück ist uns die Eindämmung des Virus durch frühzeitiges und entschlossenes Handeln bisher gut gelungen und wir konnten dramatische Zustände, wie wir sie in den angesprochenen Ländern sehen mussten, bei uns vermeiden. Vor dem Hintergrund der dortigen Umstände sind die dortigen Regierungen zu einer anderen Abwägungsentscheidung gekommen. Dies gilt es zu respektieren. Es gibt aber keinen Grund, die souveräne Entscheidung dieser Regierungen ungeprüft für uns zu übernehmen.

Ein Vergleich mit dem Amateursport geht dabei aus meiner Sicht fehl. Zunächst sind auf die Profivereine die Maßstäbe anzulegen, die an Wirtschaftsbetriebe gestellt werden, während die Freizeitgestaltung in der Abwägung anders zu bewerten ist. Im Amateurbereich sind zudem die Auflagen, die die Profivereine zu erfüllen haben, schlicht nicht leistbar. Keine Amateurmannschaft kann die „Quasi-Quarantäne“ des gesamten Kaders über mehrere Wochen sicherstellen und so einen Viruseintrag in das Team verhindern. Für den Hobbysport müssen daher aktuell noch andere Maßstäbe angesetzt werden, als für das eng begrenzte und geschlossene System des Profisports. Auch in diesem Bereich stehen wir mit den Sportverbänden in engem Austausch und bemühen uns, so schnell wie möglich Konzepte umzusetzen, mit denen auch im Hobbybereich wieder gemeinsames Spielen im Sportverein möglich wird, wie es für Einzelsport und Kleingruppen bereits wieder ermöglicht wurde. Durch den Beschluss der Ministerpräsidenten wird ein Weg aufgezeigt, wie auch im Amateursport sukzessive weitere Lockungen möglich werden.

Auch der vielfach unterstellte unverhältnismäßige „Verbrauch“ von Testkapazitäten trägt als Argument nicht. Wenn es so wäre, dass das Konzept der DFL für andere Personengruppen – gerade für die Heldinnen und Helden im Gesundheitssystem und in der Pflege – den Zugang zu Tests vermindern würde, wäre das Konzept nicht tragfähig. Aber glücklicherweise ist es gelungen, die Testkapazitäten in Deutschland so stark auszubauen, dass die gesamten Kapazitäten von mittlerweile rund einer Million möglicher Tests pro Woche unter Berücksichtigung der medizinischen Empfehlungen nicht vollständig benötigt werden. Deshalb konnten die Vereine entsprechende Testkapazitäten in der Größenordnung von weniger als 0,5% der Kapazitäten ankaufen. Die Menge der benötigten Tests könnte dabei durch Anwendung des an der Universität Frankfurt entwickelten Verfahrens einer Pool-Testung mehrerer Proben bei Bedarf nochmals deutlich reduziert werden. In jedem Fall werden aus dem Gesundheitsbereich angemeldete Testbedarfe jederzeit prioritär behandelt werden. Dass hierdurch mit wissenschaftlicher Begleitung in einem geschlossenen System des Profifußballs wichtige Erkenntnisse gesammelt werden können, ist dabei ein positiver Nebeneffekt.

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